PRAXISMARKETING Zahnarztpraxen werden immer weniger und immer größer. Der Umsatz pro Praxis steigt entsprechend, insbesondere nachdem es nun möglich ist, drei bzw. fallweise sogar vier angestellte Zahnärzte pro Praxisinhaber zu beschäftigen. In vorangegangenen Artikeln habe ich angesichts der MVZ-Entwicklung dahingehend beruhigt, dass die Einzelpraxis auch weiterhin Bestand haben wird (vier von fünf Praxen in Deutschland sind unverändert Einzelpraxen), wenn die Praxisinhaber ihre Persönlichkeit einbringen und marketingmäßig nutzen. In diesem Beitrag möchte ich auf das abweichende Marketingverhalten größerer Einheiten eingehen.
In der Überschrift dieses Artikels wird das Z-MVZ genannt. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf größere, unternehmensmäßig geführte Einheiten. Dabei nenne ich sie hier alle vereinfachend Z-MVZ, auch wenn es sich um große Gemeinschaftspraxen mit oder ohne Filialen, ÜBAGs, Partnerschaftsgesellschaften etc. handelt.
Klassisches ZAP-Marketing
Das wichtigste Marketinginstrument ist und bleibt das Binnenmarketing: Wie wirkt der Praxisinhaber, das Team und die gesamte Praxis auf die Bestandspatienten? Wie stark können sie an die Praxis gebunden bzw. wie stark begeistert werden, dass sie ihren Freunden und Verwandten die Praxis weiterempfehlen? Bei einer marketingaktiven Praxis wird circa die Hälfte aller Neupatienten auf Empfehlung akquiriert. Von weiterer Bedeutung ist dann das Onlinemarketing, was die zweite Hälfte der Neupatienten bringt. Diese Betrachtung ist deshalb so bedeutsam, weil jede Praxis im Mittel mindestens zehn Neupatienten pro Behandler und Monat benötigt, um keine Umsatzeinbußen zu erfahren. Interessant ist es, dass nur die Hälfte aller Praxen über eine eigene Praxiswebsite verfügt. Bei der anderen Hälfte wird nur auf die Empfehlung gesetzt, beziehungsweise auf Anzeigen in den Gelben Seiten und beispielsweise kleine Schildchen an den Einkaufswagen des Supermarktes um die Ecke (was hinterfragt werden sollte). Obwohl für Anbieter in vergleichbaren Branchen ein Marketingetat von fünf bis zehn Prozent des Umsatzes empfohlen wird, was mindestens etwa 25.000 Euro im Jahr bedeuten würde, investieren kleine Praxen sogar oft weniger als 5.000 Euro pro Jahr.
Marketing von Z-MVZ
Wie unterscheidet sich nun das Marketing der Z-MVZ von dem der klassischen Praxis? Bei den Investoren wird es deutlich: Üblicherweise kaufen die Investoren eine Praxis nur dann von einem Zahnarzt, wenn sich dieser verpflichtet, noch eine gewisse Zeit in der – dann verkauften – Praxis weiterzuarbeiten. Die Übernehmer haben die Bedeutung der Person des Zahnarztes erkannt und nutzen sie. Gleichzeitig wird alles versucht, die Positionierung der Praxis unabhängig von Personen aufzubauen. Die jeweiligen Positionierungsstrategien sind dabei individuell sehr unterschiedlich. Allen gemeinsam ist, dass ein „Mehrwert“ für den Patienten geschaffen wird: Online- bzw. schnelle Terminvergabe, lange Öffnungszeiten, hochprofessionelles Team, modernste Ausstattung, alle Spezialisierungen unter einem Dach, gute Lage und Erreichbarkeit, Services wie Abholdienste und vieles mehr. Beachten Sie, dass die heute 30- bis 50-Jährigen andere Erwartungen an eine „gute“ Praxis haben als die heute 70-Jährigen. Die oben genannten Punkte fallen unter das – relativ kostengünstige – Binnenmarketing.
Im Außenmarketing kann ein Z-MVZ nun aber ganz anders agieren als eine kleine Praxis. Wenn Planumsätze von fünf Millionen Euro aufgerufen werden, wird das Marketingbudget in der Anfangsphase eine halbe bis eine Millionen Euro pro Jahr und dauerhaft 250.000 bis 500.000 Euro betragen. Neben den Kosten für das Binnenmarketing wird ein Großteil für Onlinemarketing einschließlich Social Media eingesetzt, unterstützt durch klassisches PR sowie Plakatwerbung. Je nach dem können auch Radio- und Fernsehspots oder Kinowerbung etc. zielführend sein. Entscheidend ist, dass diese Beträge, die für das Marketing einer Großpraxis bzw. Praxiskette aufgewendet werden, um ein Vielfaches höher sind als die für die klassische Praxis. Es wird daher eine vielfach höhere Reichweite erzeugt, die notwendiger Weise mehr Neupatienten erreicht. Bitte führen Sie sich einfach das „Fielmann-Prinzip“ vor Augen: Jeder kennt Fielmann. Mit guten Brillen hat das nichts zu tun, die gibt es auch anderswo.
Die Z-MVZ-Geschäftsführung
Um für die klassische Praxis einmalig eine Website zu schaffen, brauchen Sie neben der professionellen Agentur keinen speziell ausgebildeten Mitarbeiter – das kann vom Inhaber weitgehend selbst betreut werden. So bald Sie aber in Marketingbudgets von 50.000 Euro aufwärts denken bzw. einen Umsatz von mehr als einer Million Euro erzielen, sollten Sie die Marketingbetreuung in professionelle Hände legen. Professionell heißt, dass neben der Agentur eine Ansprechpartnerin in der Praxis für die zielführende Kommunikation zwischen der Praxis und der Agentur sorgt. Dazu sollte der Inhaber seine Richtlinienkompetenz ausüben und in einem Jahresgespräch zusammen mit der Agentur und der Z-MVZ-Praxisleitung bzw. -Geschäftsführung das Budget und die Marketingschwerpunkte festlegen. Auf dieser Grundlage können dann Geschäftsführung und Agentur anhand eines Mediaplans die geeigneten Details entwickeln und umset-zen. Der Inhaber sollte sich mit strategischen Fragen beschäftigen und die oben genannten Aufgaben professionell delegieren.
Allerdings muss die Praxisleitung über Grundkenntnisse im Marketing verfügen. Es ist nicht zielführend, wenn die Geschäftsführung nicht weiß, wie Werbung grundsätzlich funktioniert, wie eine Google-Ads-Kampagne aufgebaut und wie Telefontracking organisiert wird, wie Zugangsdaten ver-waltet werden oder wie mit Bildschirm- und Druckfarben umgegangen wird.
Wie können Praxisleitung bzw. Geschäftsführung qualifiziert werden?
Sinnvoll ist die Qualifizierung in Form einer Fortbildung zur „MVZ-Geschäftsführer/-in (IHK)-Zahnmedizin“, wie sie zum Beispiel von der Frielingsdorf Consult GmbH (www.frielingsdorf.de) angeboten wird. Im Hinblick auf die Ausbildung zur Marketingassistentin kann beispielsweise auf das Angebot der Sander Concept GmbH (www.sander-concept.de) verwiesen werden. Dort werden alle notwendigen Inhalte vermittelt, sodass eine sinnvolle und zielführende Kommunikation zwischen der Agentur und dem Z-MVZ erfolgen kann.
Mit dieser Führungsstruktur, in der der Praxisunternehmer das Tagesgeschäft delegiert und eine eigene, qualifizierte Marketingabteilung aufbaut, die wiederum mit professionellen Agenturen auf Augenhöhe kommuniziert, kann das Unternehmen hocheffizient arbeiten und im Markt erfolgreich bestehen.
Der Originalbeitrag ist in der ZWP (5/2019, OEMUS MEDIA AG) erschienen.
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