PRAXISMARKETING In den Großstädten ist es schon so richtig spürbar, in der übrigen Landschaft beginnt es zu wirken: Medizinische Versorgungszentren (MVZ) in Fremdbesitz, die übermächtig zu sein scheinen und dem klassischen Zahnarzt die Patienten wegnehmen. Doch was passiert da wirklich und welche Konsequenz sollte die „normale“ Praxis ziehen?
In Deutschland gibt es nach KZBV (2016) 43.000 Zahnarztpraxen, wovon 82 Prozent Einzelpraxen mit einem oder mehreren Behandlern sind. 18 Prozent sind Gemeinschaftspraxen. Die zahnmedizinischen MVZ (Z-MVZ) werden im Statistischen Jahrbuch der KZBV gar nicht separat erfasst. Deren Zahl stieg laut Handelsblatt (12.8.2018) in den letzten drei Jahren von 30 auf rund 550 an, das wären gut ein Prozent. Wie viele davon über strategische Modelle in Fremdbesitz sind, ist – zumindest dem Autor – nicht bekannt. Die allermeisten dürften Zahnärzten gehören.
Warum ist der Marktplatz Deutschland so interessant?
Offensichtlich besteht hier die Hoffnung auf langfristig hohe Renditen. Und in der Tat: Wenn eine mittlere Praxis (Ertrag 200.000 EUR) für einen marktüblichen Preis von 130.000 EUR (immaterieller Wert) gekauft und mit einem Zahnarzt mit denselben Qualitäten wie die des Abgebers weiter betrieben werden kann, wirft sie eine jährliche Nettorendite von 50.000 EUR pro Jahr ab (bei einem kalkulatorischen Arztlohn von 120.000 EUR). Das ist eine Rendite von 38 Prozent (alle Berechnungen stark vereinfacht). Da kann dann auch gern noch etwas mehr bezahlt bzw. viel Geld in Marketing investiert werden.
Wie aus Problemen Chancen werden
Zunächst wirkt dieses Zahlenspiel aus freiberuflicher Sicht durchaus bedrohlich. Aber wo ist der Haken? Ist es wirklich so einfach für einen Investor, mit den Patienten in Deutschland so viel Geld zu verdienen? Es gibt viele Details, doch der Knackpunkt ist: Was ist ein „Zahnarzt mit denselben Qualitäten“? Per Definition sind die Zahnärzte und Zahnärztinnen in Z-MVZ in Fremdbesitz nicht die Inhaber, sondern Angestellte. Es gibt keinen Chef, der allgegenwärtig ist und sich ganz persönlich aus Arzt-/Unternehmersicht um seine Patienten kümmert, der immer ansprechbar ist und auch die Sorgen und Nöte seiner Mitarbeiterinnen aufnimmt und zu helfen versucht. An dieser Stelle kann der Leser jetzt all die Argumente aufzählen, die er aus seinem Erfahrungsschatz als sich verantwortlich fühlender Freiberufler individuell benennen kann. Das ist das, was ich „Binnenmarketing“ nenne, und hier haben anonyme Strukturen große Schwierigkeiten. Letztlich sind dort alle Zahnärzte eben angestellt – und verhalten sich auch so. Die Geschäftsführung muss bei „Motivationsmaßnahmen“ sogar höchst vorsichtig sein, denn der Arbeitsmarkt für Zahnärzte (und auch für unzufriedene Assistentinnen) ist aus deren Sicht ausgezeichnet.
Bieten Sie den Patienten das an, was diese vor allem an Ihnen wertschätzen, worin Sie besonders gut sind: Ihre Individualität und Authentizität! Es gilt nach wie vor der von mir bereits vor zehn Jahren vorgetragene Satz: Menschen wollen von Menschen behandelt werden, nicht von Institutionen.
Genau hier liegt Ihre Chance. Bieten Sie den Patienten das an, was diese vor allem an Ihnen wertschätzen, worin Sie besonders gut sind: Ihre Individualität und Authentizität! Es gilt nach wie vor der von mir bereits vor zehn Jahren vorgetragene Satz: Menschen wollen von Menschen behandelt werden, nicht von Institutionen.
Vom Binnen zum Außenmarketing
Um erfolgreich zu sein, muss zunächst die Basis stimmen. Haben Sie den unbedingten Erfolgswillen? Sind Sie führungsstark und teamfähig? Können Sie gut kommunizieren und überzeugen? Wenn Sie alles mit „ja“ beantworten, haben wir schon mehr als die halbe Miete. Anmerkung: Wenn ich hier nicht „Sind Sie ein guter Zahnarzt?“ gefragt habe, liegt das daran, dass ich den Einfluss daraus auf den Erfolg nicht beurteilen kann. Allerdings weiß ich, dass die Patienten die zahnärztliche Qualität auch nicht beurteilen können – für sie sind andere Kriterien wie zum Beispiel die Freundlichkeit des Teams und kurze Wartezeiten bei der Praxiswahl maßgeblich.
Mit den oben genannten Fähigkeiten nehmen Sie nun das Team mit auf den Weg zum Erfolg und gestalten den Praxisbetrieb so, dass er für Ihre Patienten einladend und attraktiv ist. Falls Sie hier konkrete Tipps haben möchten, muss ich auf individuelle Analysen bzw. andere Autoren (auch Sander: Meine Zahnarztpraxis – Marketing, Springer Verlag) verweisen.
Jetzt müssen Sie nur noch all den Patienten, die Sie noch nicht kennen, erzählen, wie begeisternd Ihr Binnenmarketing ist. Dieses „Erzählen“ wird als Außenmarketing bezeichnet: Sie müssen Ihre Positionierung“, Ihre Praxisphilosophie, „wer Sie sind“ etc. wirkungsvoll nach außen darstellen. Welche Geschichte erzählt Ihre Praxis? Das wissen sonst nur diejenigen, die bereits als Patienten in Ihrer Praxis gewesen sind.
Unverzichtbar: Der Positionierungsworkshop
Erarbeiten Sie zusammen mit dem Team und fachlicher Unterstützung Ihre Positionierung. Ein Tagesworkshop sollte dazu ausreichen. Ganz wichtig: Nehmen Sie Ihr Team mit auf den Weg. Machen Sie eine Stärkenanalyse, hinterfragen Sie, wie Sie von Ihren Mitarbeiterinnen und Patienten wahrgenommen werden. Und das mit großem Tiefgang, denn die Positionierung soll authentisch sein und für mindestens zehn Jahre festliegen.
Aus der Positionierung entsteht das Marketingkonzept, mit dem Sie nun auch gegen Z-MVZ bestehen können. Die zu Ihnen passenden Werbemaßnahmen müssen dann individuell entwickelt werden.
Von zentraler Bedeutung und Grundlage für die „Bekanntmachung“ Ihrer Positionierung ist eine hoch professionelle Website. Beauftragen Sie nur eine Agentur, die auch etwas von Zahnarztpraxen und den Marktentwicklungen versteht.
Augen auf und ruhig bleiben
Mit der richtigen Positionierung, die idealerweise im Rahmen eines Praxis-Positionierungsworkshops erarbeitet wird, brauchen Sie keine Sorgen im Zusammenhang mit dem zunehmenden Wettbewerb zu haben. Denn Sie halten die beste Trumpfkarte in der Hand: sich selbst. Trotzdem Augen auf: Die Z-MVZ schlafen nicht. Über die speziellen Marketingstrategien der Investoren soll in nachfolgenden Beiträgen berichtet werden. In der Gesamtschau ist genug Platz für viele unterschiedliche Marktplayer. Entscheidend sind am Ende die Person und die richtige Positionierung.
Der Originalbeitrag ist in der ZWP (12/2018, OEMUS MEDIA AG) erschienen.
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