Aus der Reihe: Erfolgreich gründen – aber wie?
Die beiden Oralchirurgen Mia und Paul arbeiteten schon eine Weile als Angestellte in Südwestdeutschland. Das erste Kind war geboren, und die Suche nach der geeigneten Selbstständigkeit begann. Also machten sich die Eheleute auf die Suche nach einer passenden Immobilie. Eine Übernahme kam für sie nicht infrage. Sie wollten eine Praxis, der sie von vornherein den eigenen, unverwechselbaren Stempel aufdrücken konnten.
Viele Versuche:
Im Lauf der Zeit schauten sich die beiden viele Immobilien an. Vermieter und Investoren von Gewerbegebäuden buhlten um die beiden, denn Zahnärzte sind als Mieter sehr beliebt. Doch das Paar achtete auf jedes Detail und vor allem darauf, dass sich in den Praxisräumen ihre Vision – die anspruchsvollste und beste Oralchirurgie – verwirklichen ließ. Mehrmals haben wir uns in der Zeit getroffen, Räume besichtigt, beratschlagt, Alternativen beleuchtet und Rentabilitätsrechnungen angestellt. Rückblickend muss ich sagen, dass die beiden vor allem eins auszeichnete – Geduld.
Der Zuschlag:
Schließlich kam der Anruf, der uns weiterbrachte: Eine große Fläche oberhalb eines Ladengeschäfs am Ortsrand einer kleinen Gemeinde konnte gemietet werden. Am Ort und in der Umgebung gab es ca. 30 Zahnärzte, aber weder einen MKG noch einen Oralchirurgen. Eine Marktrecherche ergab, dass alle befragten Kollegen glücklich wären, wenn sich ein Spezialist im Ort niederlassen würde. Die Fläche war zwar sehr groß und deshalb nicht sehr günstig. Aber die Lage an einem verkehrsreichen Kreisverkehr, der auch eine Anbindung an ein Einkaufszentrum hatte, war marketing- und verkehrsmäßig äußerst vorteilhaft. Natürlich stimmte auch die Parkplatzsituation. Mia und Paul waren überzeugt und unterschrieben den Vertrag.
Marketing:
Nach dem Umbau und der Ausstattung der Räume starteten die beiden mit den Praxis – besuchen und stellten sich bei den Kollegen vor. An den großen Fenstern wurde angemessen, aber deutlich darauf aufmerksam gemacht, dass hier jetzt eine oralchirurgische Praxis angesiedelt ist. Das wichtigste waren aber die Informationsveranstaltungen für die Kollegen, die zusammen mit einem Implantathersteller organisiert wurden. Hier stimmte der Mix aus Fachinformation, Wein, Schnittchen und guten Gesprächen – und das mehrmals pro Jahr. Dreh- und Angelpunkt der Positionierung war, gegenüber den zuweisenden Kollegen intensiv immer wieder zu kommunizieren, dass alle Patienten ohne Wenn und Aber nach dem chirurgischen Behandlungsabschnitt zuverlässig wieder zurücküberwiesen werden.
Der Erfolg der neuen Praxis setzte sofort ein
Die Kollegen überwiesen nach diesem Vertrauensaufbau gern die passenden Patienten. Und es war auch klar, dass Mia und Paul nur die Chirurgie machen würden und keinesfalls die Prothetik. Das Konzept konnte zu 100 Prozent umgesetzt werden.
Fazit:
Geduld ist der beste Berater bei der Praxissuche. Ich empfehle, so lange zu warten, bis die Praxis oder die Immobilie mit allen Randbedingungen voll und ganz stimmt, auch wenn es vielleicht sogar zwei bis drei Jahre dauert. Wenn die richtige Alternative da ist, wirst du es spüren. Und wenn du dort für dein Konzept brennst, ist der Erfolg mit deiner Praxisgründung vorprogrammiert.
Die weiteren Artikel der Serie:
Der zögerliche Gustav
Der unternehmerische Alexander
Die konsequente Lilly
Locke, der Chirurg
Der bescheidene Lorenz
Der flotte Frederic
Der schnippelnde Jacob
Die zielorientierte Nicola
Der Originalbeitrag ist in der DZW (Ausgabe 27/2018 | Zahnärztlicher Fach-Verlag GmbH) erschienen.