Die meisten, gerade jungen Zahnärzte haben laut Umfragen die Wichtigkeit von Marketing für ihre Praxis erkannt. Doch was ist das eigentlich genau? Und wie geht das? Mit diesen Fragen befasst sich die Artikelserie „Marketing ja – aber wie?”
Interdisziplinarität
Unter lnterdisziplinarität versteht man die Nutzung von Ansätzen, Denkweisen oder Methoden verschiedener Fachrichtungen. Im Hinblick auf das Marketing von Zahnarztpraxen äußert sich dies verschieden: Oft wird der Komplex CMD in Verbindung mit Erkrankungen der Wirbelsäule behandelt, und intensiv beschäftigt sich zum Beispiel die Umweltzahnmedizin mit fachübergreifenden Ansätzen. Manchmal genügt es auch schon, dass verschiedene Fachrichtungen unter einem Dach platziert sind. Und auch die Kombination von beispielsweise Oralchirurgie und Kieferorthopädie ist grundsätzlich ein interdisziplinärer Ansatz. Was ist hier marketingmäßig zu beachten?
Positionierungsstrategie
Eine allgemeine Voraussetzung für das Bestehen am Markt ist eine bewusst oder unbewusst vorgenommene Positionierung. Man kann das auch mit Unternehmensphilosophie oder Alleinstellungsmerkmal vergleichen. Sie drückt aus, was das Unternehmen ausmacht, welchen – meist virtuellen – Nutzen der Kunde von dem angebotenen Produkt oder der Dienstleistung hat.
In der Zahnarztpraxis wird manchmal die Spezialisierung mit der Positionierung gleichgesetzt. Das kann funktionieren: Wenn eine kieferorthopädische Praxis ihre Leistungen ohne einen Wettbewerber im Einzugsgebiet anbietet, wird die Spezialisierung zur Positionierung: “Hier bekommst du gerade Zähne”. In der Regel aber befinden sich Zahnarztpraxen, jedenfalls in attraktiven Städten, im Wettbewerb zu anderen Praxen. Dann reicht „Hier wirst du zahnmedizinisch gut versorgt” nicht aus.
Das von mir häufig zitierte Beispiel ist das einer Praxis, deren Inhaber ein extremer Fan des heimischen Fußballklubs ist. Die ganze Praxis ist in den Farben des Klubs gestaltet, und es wird über nichts anderes gesprochen als über Fußball. Hier hat die Positionierung nichts mit Zahnmedizin zu tun. Aber der Zahnarzt hat dem enormen Patientendruck kaum etwas entgegenzusetzen: Alle Fans wollen nur zu ihm.
lnterdisziplinarität ist eine Positionierung
Wenn Sie sich fachlich in Richtung lnterdisziplinarität orientieren, bedeutet das zunächst einmal, dass Sie für Ihr Thema brennen müssen, denn nur die Verbindung von Positionierung und Authentizität führt zum Erfolg.
Weiterhin müssen Sie potenziellen Patienten zeigen, dass es Sie gibt und wofür Sie stehen. Aber das ist schwierig, weil die Patienten oft nicht wissen, was sie brauchen beziehungsweise eigentlich möchten. Die Anzahl von Googlesuchen mit dem Keyword “CMD” geht im Vergleich zu “Zahnarzt” gegen null. Kein Mensch weiß, was CMD bedeutet. Auch wünschen sich vielleicht viele Menschen ein metallfreies Gebiss, aber auch hier kommt kaum jemand auf die Idee, “Umweltzahnmedizin” zu googeln.
lnterdisziplinarität ist wertvoll
Richtig gemacht. ist lnterdisziplinarität eine wertvolle Positionierung. Grundsätzlich gilt das aber für alle scharf abgegrenzten Positionierungen, weil die damit verbundene Heterogenität zur Konkurrenzverdünnung führt. Im Ergebnis bedeutet das, dass Sie nur mit wenigen, nämlich vergleichbaren Praxen konkurrieren oder eben bestenfalls mit keiner (siehe Beispiel Fußballpraxis).
In der Vermarktung von Praxen fragen wir immer nach den ausgeprägten Stärken, aus denen die Positionierung entwickelt werden kann. Dabei sind Titel ganz vorn: Ein Dr. Dr. lässt sich gut vermarkten, ein Prof. Dr. noch besser. Oder die Lage in einem Ärztehaus mit hoher Frequenz, idealerweise mit Darstellung der Verbundenheit verschiedener Fachrichtungen wie Physiotherapeuten oder HNO mit CMD, oder Heilpraktik mit Umweltzahnmedizin.
Egal, was es individuell ist, es muss vor allem wirksam auf der Website dargestellt werden. Wirksam heißt, dass dem Betrachter sofort klar wird, worum es geht, dass er emotional unwiderrufbar gebunden wird und dass er in der Praxis einen Termin vereinbart.
Eine wirksame Umsetzung der Positionierung auf der Website können nur wenige Agenturen in Deutschland leisten. Es empfiehlt sich, dass Sie sich gründlich umsehen und nach Referenzen fragen.
Wie mache ich nun meine Positionierung bekannt?
Über die Website hinaus ist natürlich die Findbarkeit entscheidend. Hier sind die gewählten Keywords maßgeblich. Auch ist eine Strategie hinsichtlich SEO (Suchmaschinenoptimierung) und/oder SEA (Suchmaschinenwerbung) zu entwickeln. Darüber hinaus ist bei der Bewerbung von lnterdisziplinarität die geeignete Aktivierung des Empfehlungsmarketings von großer Bedeutung. Auch der Aufbau einer Imagekampagne ist fallweise zu empfehlen.
Was genau für Ihre Praxis angemessen ist. kann pauschal nicht angegeben werden, da die Marketingstrategie höchst individuell entwickelt werden muss. Außerdem müssen Sie beachten, dass erfolgreiche Agenturen ihre Strategien nicht veröffentlichen, sondern ihren Kunden vorbehalten.
Der Originalbeitrag ist in der CP (Ausgabe 03/2019 | ZFV Zahnärztlicher Fach-Verlag GmbH) erschienen.
Autor: Prof. Dr. Thomas Sander
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